Foto: IG Metall Esslingen
Ein Bericht vom Werkstor:
Mittwoch morgen: ich verteile vor Werk 3 den Flyer „Ungewöhnliche Zeiten…“, der für die Mitgliedschaft in der MLPD wirbt. Eine Reihe Kollegen findet es jetzt durchaus angebracht, bei der MLPD mitzumachen. Denn wir müssen das Übel auch an der Wurzel packen. Das aktuelle Übel bei Eberspächer besteht darin, dass der Produktionsbetrieb mit 300 Arbeitsplätzen nach Polen verlagert werden soll.
Auch die Ausbildung in diesem alten Esslinger Traditionsbetrieb wäre betroffen. Die Eberspächer-Kapitalisten jammern über unsere angebliche „Hochlohnregion“. Das sagen die Richtigen: selber sind sie zu dritt in der Forbes-Liste der 500 reichsten Deutschen mit einigen Milliarden Euro Privatvermögen vertreten. Es ist ein Politikum im Kreis Esslingen, wenn dieser Gewerbesteuerzahler die Fertigung einstellt. Das Wahlbündnis FÜR Esslingen und andere haben sich mit der Belegschaft solidarisiert.
Die Meinung der meisten vorm Tor ist, dass auch im Betrieb was laufen muss. Gesagt – getan: am Mittag ruft der betriebliche IG Metall-Aktionsausschuss zu einer Demonstration zum BR-Büro auf. Das Fass zum Überlaufen hat gebracht, dass die Geschäftsführung nun auch noch die Auszahlung des Urlaubsgeldes im Juni verschoben hat. Und das auch noch in dieser Situation und bei den ganzen Folgen von Corona. Vor allem die Frühschicht freut sich, jetzt endlich mal Stärke zu zeigen. Die Frühschicht und Einige von der Spätschicht marschieren los. Immerhin dauert die ganze Aktion eine Stunde während der Arbeitszeit. Und das ist erst der Anfang.
Aber was muss das Ziel des Kampfes sein? Die Esslinger IG Metall-Geschäftsstelle unterstützt kämpferische Aktivitäten – aber das Ziel ist doch recht bescheiden: möglichst viele Arbeitsplätze mit einem Zukunftstarifvertrag zu erhalten. Damit wird ja schon gesagt, dass ein Teil sowieso nicht zu retten wäre. Warum nicht konsequent um jeden Arbeits- und Ausbildungsplatz kämpfen, wie es die MLPD in ihrer Solidaritätserklärung vorgeschlagen hat? Wenn Leute im Fluss ertrinken, wollen wir auch nicht nur „möglichst viele“ retten, sondern alle.
Manche Kollegen meinen, das hätte ja in anderen betroffenen Betrieben auch nicht geklappt. Aber auch da kam es darauf, wie konsequent gehandelt wurde und wie die Solidarität organisiert wurde. Warum sollen wir uns als Arbeiter nicht durchsetzen können, wenn wir einig, organisiert, mit klarem Kurs und selbständig handeln? Wir sind in Esslingen jetzt das Vorbild für andere Belegschaften. Es geht auch um die Zukunft der Jugend. Deshalb muss und kann die Stilllegung verhindert werden!
Foto: IG Metall Esslingen